Der ewig andauernden innenpolitischen Debatte über einen EU-Beitritt der Schweiz bin ich überdrüssig. Nach der wegweisenden Volksabstimmung vom letzten Februar, welche jetzt eine Einschränkung der Zuwanderung notwendig macht, signalisieren Vertreter der EU, dass über die Personenfreizügigkeit nicht diskutiert werden kann.
Das hat mich dazu bewogen, meine vergessene Vision über einen EU-Beitritt der Schweiz aus einer verstaubten Computer-Datei zu befreien.
Von gelebtem Föderalismus und seiner Verschrobenheit
In dieser Vision schaue ich mit einem Schuss Ironie auf den gelebten Föderalismus* unseres Landes, der allerlei Verschrobenheit zulässt. Verschroben zu sein hat für mich eine gewisse originelle Qualität. Unter diesem Aspekt dürfen Sie auch meinen anschliessenden Entwurf einordnen: Er verstärkt das typisch Schweizerische.
Die direkte Demokratie im Freilichtmuseum Schweiz
Das hat mich dazu bewogen, meine vergessene Vision über einen EU-Beitritt der Schweiz aus einer verstaubten Computer-Datei zu befreien.
Von gelebtem Föderalismus und seiner Verschrobenheit
In dieser Vision schaue ich mit einem Schuss Ironie auf den gelebten Föderalismus* unseres Landes, der allerlei Verschrobenheit zulässt. Verschroben zu sein hat für mich eine gewisse originelle Qualität. Unter diesem Aspekt dürfen Sie auch meinen anschliessenden Entwurf einordnen: Er verstärkt das typisch Schweizerische.
Die direkte Demokratie im Freilichtmuseum Schweiz
Die direkte Demokratie ist ein Unikat auf dem europäischen Kontinent. Sie ist eine Besonderheit mit Vorbildcharakter innerhalb der westlichen Demokratien. Damit passt sie hervorragend in die einzigartige Landschaft vom „Freilichtmuseum Schweiz“, seinem breiten Spektrum an Bräuchen und seiner Tradition an zusammen gewachsenen Kulturen. Vor diesem Hintergrund möchte ich diesem kleinen, liebenswürdigen Etwas, das mitten in Europa liegt, eine Zukunft skizzieren, in der es Teil des Ganzen sein kann und trotzdem seine Eigenständigkeit bewahrt ... |
Die Schweiz als „europäisches Museum für direkte Demokratie und kulturelle Vielfalt mit Vorbildcharakter“:
- Die Schweiz soll so wie sie ist der EU beitreten, aber nur dann, wenn sie den Status eines „europäischen Museums für direkte Demokratie und kultureller Vielfalt“ erhält.
- Analog zu den großen Vergnügungsparks kann man die Schweiz als Museum und als Ort der Inspiration besuchen, internationale Geschäfte tätigen, unterschlagene Steuerzahlungen nachholen, im ständig tagenden Parlament vorbeischauen u.v.m.
- Für die gesamte einheimische Bevölkerung ändert sich praktisch nichts, außer dass sie nun in einem Museum lebt und arbeitet ;-)
Administrative Rahmenbedingungen
- Das Museum ist von 08.00 Uhr bis 23.30 geöffnet.
- Die Eintrittsgelder, welche natürlich in Schweizer Franken erhoben werden, kommen ausschließlich den europäischen Staaten zugute. Je mehr Bürger diese schicken, desto mehr Gelder werden in ihre Kasse gespült. Die Schweiz muss dafür keine Kompensationszahlungen mehr leisten.
- Trinkgelder hingegen bleiben in der Schweiz. Diese müssen deklariert und versteuert werden. Gemäß der humanitären Tradition unseres Landes fließen sie danach vollumfänglich und obligatorisch in die Entwicklungshilfe.
- Die Schweizer Armee wird in dieser neu geschaffenen schweizerisch-europäischen Institution die Öffnungszeiten an der Grenze und die Polizeistunde im Land durchsetzen.
Wie die EU davon profitiert
- Die Schweiz wird in Europa ab sofort der Qualitätsstandard für eine bewährte (direkte) Demokratie. Das bekannte Gütesiegel der Armbrust bürgt dafür, dass unser Land für die Qualitätssicherung die Verantwortung übernimmt.
- Die EU wird mehrfach, sicher mindestens zweifach, davon profitieren. Die Schweiz ist nicht nur ihr Orientierungspunkt hinsichtlich direkter Demokratie, sondern auch weil in ihr das Zusammenleben verschiedener Kulturen Tradition hat. Europa, wenn es erfolgreich sein will, wird sowieso nicht darum herumkommen, dafür zu sorgen, dass seine Völker kulturell näher zusammenrücken.
- Die Volksrechte der direkten Demokratie, die politische Kultur sowie deren Errungenschaften können ab sofort, selbstverständlich nach ETH*-Standard, auch an den europäischen Universitäten studiert werden.
- Die Bürger von ganz Europa können sich darüber informieren, wie bei uns das Volk den Auswüchsen zu hoher Boni und Managerlöhnen und schamlosem Lobbyismus Einhalt gebietet. Ferner was es unternehmen kann, wenn Rating-Agenturen und Notenbanken in ihren Ländern immer mehr in die Politik eingreifen oder wenn ihm die bürokratischen Zentralisierungs-Bestrebungen zu extrem werden.
- In Genf, Bellinzona, Basel und St. Moritz finden multilinguale Seminare für Demokratie- und Integrations-müde europäische Politiker, Lobbyisten, „Bänkler“ und „Notenbänkler“ statt. Diese, von der EU geschickten, Teilnehmer werden selbstverständlich erst dann entlassen, wenn sie eigenhändig unterschrieben haben, dass sie im Sinne der direkten Demokratie und den Volksrechten kuriert sind.
- Die Verantwortlichen des IWF (Internationaler Währungsfonds), der EZB (Europäische Zentralbank), etc., etc., werden verpflichtet, auch aus Transparenz-Gründen, jährlich am WWFDD (Welt-Weites Forum für Direkte Demokratie) in Davos zu erscheinen, bis sie die Gepflogenheiten unserer direkten Demokratie verstehen und anwenden können.
Aufrechterhaltung schweizerischer Eigenheiten
- Trotz Schengen* darf die Schweiz jetzt ein Abkommen mit der EU über eine Kontingentierung von Zuwanderern und Asylanten aushandeln.
- Für Sonderausstellungen zu Schwerpunkten wie „Neutralität“, „Bankgeheimnis“, „Uhren“, „Schokolade“, „Swissair Grounding“ und „Armee-Sackmesser“, etc. fänden sich sicher auch einheimische Besucher. Diese Themen behaupten sich seit langer Zeit in der Aktualität und vermögen die Gemüter nachhaltig zu erhitzen, und wenn nicht, sicher zu interessieren.
- In der Schweiz läuft alles wie gehabt. Alle Parteien und Interessengruppen könnten ihre Positionen aufrecht halten, kontrovers diskutieren und dann, wie bisher, ständig Volksinitiative* und Referenden* lancieren.
- Die „Arena“*(SRF1) wird täglich neu ausgestrahlt, um interessierten Europäern selbstverständlich mehrsprachig - konkreten, praktischen Anschauungsunterricht für die Gesprächskultur in einer funktionierenden Staatsordnung zu geben.
Die staatspolitische Konsequenz
Selbstverständlich würde ich mich dafür einsetzen, dass dieser Entwurf in der Schweiz (selbstredend über die korrekten Kanäle, da muss ich mich aber noch schlau machen) in die Vernehmlassung* geschickt wird.
So könnten weitere wichtige Punkte noch aufgenommen und breit diskutiert werden, die ich in meiner staatspolitischen Unerfahrenheit vergessen haben mag.
Je nach der Art der Begeisterung, die mein Konzept in unserem Land hervorruft, würde ich, mit allen politisch verfügbaren Kräften und Sympathisanten dieser Idee, eine Initiative lancieren, damit es wegen der notwendigen Verfassungsänderung zur eidgenössischen Abstimmung kommen kann.
„Und Europa?“, werden Sie fragen.
Europa wäre während dieses sicher medienwirksamen Prozesses bereits soweit sensibilisiert, dass es wegen der überzeugenden Argumente in diesem Vorschlag von sich aus mit einem stark verkürzten Aufnahmeverfahren auf die Schweiz zukommen würde.
Herzlichst,
Thomas
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Definitionen zu einigen der oben verwendeten Begriffe:
*Föderalismus (von lat. foedus, foedera „Bund“, „Bündnis“, „Vertrag“) wird heute vorwiegend ein Organisationsprinzip verstanden, bei dem die einzelnen Glieder (Gliedstaaten) über eine gewisse Eigenständigkeit und Staatlichkeit verfügen, aber zu einer übergreifenden Gesamtheit (Gesamtstaat) zusammengeschlossen sind. Quelle: Wikipedia/Föderalismus
*ETH: Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, kurz ETH Zürich, ist eine technisch-naturwissenschaftliche universitäre Hochschule in Zürich. Quelle: Wikipedia/ETH
*Schengen: Nach der Gemeinde Schengen im Großherzogtum Luxemburg benannt, wo das Schengen-Abkommen unterzeichnet wurde. Mehr darüber unter Wikipedia/Schengener Abkommen
*Volksinitiative: Das Schweizer Volk hat zwei Möglichkeiten direkten Einfluss auf die Politik zu nehmen, um Gesetzesänderungen zu verhindern oder zu erwirken. Die Volksinitiative und das Referendum gehören in der Schweiz zu den zentralen politischen Bürgerrechten. Quelle: swisspolitics.org und Wikipedia/Volksinititative
*Referenden: Ein Referendum (plural Referenden) ist eine Abstimmung aller wahlberechtigten Bürger über eine vom Parlament, von der Regierung oder einer die Regierungsgewalt ausübenden Institution erarbeiteten Vorlage. Es ist damit ein Instrument der direkten Demokratie. Da sich in einem Referendum die gesamte Wahlbevölkerung unmittelbar zu einer politischen Frage äußern kann, wird das Ergebnis der Abstimmung mit einem hohen Maß an politischer Legitimität ausgestattet. Quelle: Wikipedia/Referenden
*Arena: Die Arena ist eine politische Diskussionssendung vom Schweizer Radio und Schweizer Fernsehen über aktuelle Themen. Quelle: Wikipedia/Arena
*Vernehmlassung: Die Vernehmlassung, auch Vernehmlassungsverfahren genannt, ist eine Phase im Gesetzgebungsverfahren der Schweiz. Quelle: Wikipedia/Vernehmlassung